Mit Lockerheit zu hundert Prozent
Allein mit Kampf und Krampf stellt sich der Erfolg nicht ein. Es braucht natürlich das Können, die nötige Kraft und Technik, die sich die Athleten in hartem Training aneignen. Doch darüber hinaus ist es entscheidend, dass all diese Fähigkeiten ganz selbstverständlich und spielerisch zur Entfaltung kommen. Ein perfekter Lauf sieht meistens so aus, als wäre alles ganz einfach, er vermittelt eine gewisse Leichtigkeit, etwas Tänzerisches, Virtuoses, Freudvolles und Unbekümmertes. Und er fühlt sich wahrscheinlich auch für den Läufer, die Läuferin so an.
Diese Beobachtung gilt natürlich nicht nur im Sport, sie lässt sich auf viele Lebensvollzüge übertragen – auch auf den Glauben. Wer seiner Arbeit mit Krampf und Verbissenheit nachgeht, wer sie nur als Mühe und Plage empfindet, wird dabei auch nicht sehr erfolgreich sein und wahrscheinlich irgendwann im Burnout landen. Wird sie jedoch lustvoll und erfüllend erlebt, dann setzt sie ungeahnte Kräfte und Fähigkeiten frei, dann stellt sich dabei eine Lockerheit ein, die ansteckend ist und Begeisterung für eine Sache weckt.
Was den Glauben betrifft: Es gibt viele Menschen, die dabei vor allem das Einhalten von Geboten im Blick haben, die verbissen ihren religiösen „Pflichten“ nachgehen und darin weder Freude noch Erfüllung ausstrahlen. So kann die Botschaft Jesu nicht gemeint sein. Er sagt ja: „Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid! Ich will euch erquicken. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.“ (Mt 11,28-30) Natürlich braucht das Glaubensleben auch regelmäßige Einübung, eine tägliche Praxis im Gebet, die Konsequenz und mitunter auch Durchhaltevermögen verlangt. Wenn ich dabei in die Gegenwart Jesu eintauche und die Berührung mit ihm suche, der mir sein Herz öffnet und mich mit seinem Geist erfüllt, dann kann meine gehetzte Seele zur Ruhe kommen, es kann sich eine himmlische Leichtigkeit, Gelassenheit und Lockerheit ausbreiten – religiös gesprochen könnte man es Erlöstheit nennen –, die beflügelt und eine gewinnende Freude ausstrahlt. Dann können sich die letzten Prozent unseres Menschseins entfalten.
Alfred Jokesch, Sportseelsorger DSG Steiermark
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