Chaoten oder Propheten
Die Reaktionen darauf fielen höchst unterschiedlich aus, von Verständnis und Anerkennung für das Anliegen bis hin zu wütendem Handgemenge.
Ich finde es gut, dass der ORF in seiner Übertragung den Vorfall nicht ausgeblendet hat, sondern darauf eingegangen ist, die Wichtigkeit der geforderten Maßnahmen gegen den Klimawandel unterstrichen hat und sogar zwei der Demonstrierenden im Interview zu Wort kommen hat lassen. Ich verstehe auch, dass der OK-Chef des Rennens keine Freude mit der Störung seiner Veranstaltung hatte, die ja – laut seinen Angaben – ohnehin unter größtmöglicher Berücksichtigung des Klimaschutzes durchgeführt worden sei. Mir missfällt es allerdings, wenn die Aktivist*innen als Chaoten oder Anarchisten bezeichnet werden und wenn versucht wird, solche Vorkommnisse durch den Einsatz von mehr Security zu unterbinden.
Wie ich es verstanden habe, hat sich der Protest ja nicht gegen dieses konkrete Event gerichtet, sondern wollte einfach maximale Aufmerksamkeit auf die Forderungen des Klimarates lenken. Wer sagt, dass die Aktionen der „Letzten Generation“ der falsche Weg seien, ist gerne eingeladen, einen wirkungsvolleren vorzuschlagen. Sie sehen offenbar keinen anderen, um ihrer Sorge Gehör zu verschaffen. Statt zu polarisieren und die Engagierten zu kriminalisieren, sollten wir uns gemeinsam der Realität stellen.
Es braucht in gewissen Situationen Menschen, die unbequem sind und aufrütteln. Denn die Folgen der Klimakatastrophe treffen uns alle. Für mich sind jene, die darauf insistieren, dass es allerhöchste Zeit ist, aus der Lethargie aufzuwachen und uns von unserem ins Unheil steuernden Lebensstil abzuwenden, keine Chaoten, sondern Propheten. Jesus sagt, als er mit zwei durch Menschen verursachten Katastrophen – einem Massaker im Tempel und dem Einsturz eines Turmes – konfrontiert wird, dass nicht die Opfer dieser Ereignisse die Schuld daran tragen: „Nein, sage ich euch, vielmehr werdet ihr alle genauso umkommen, wenn ihr nicht umkehrt.“ (Lk 13,3) Wir alle sind gefordert anzupacken, damit die Wende gelingt und wir uns noch lange an Erfolgen bei Schirennen erfreuen können.
Alfred Jokesch, Sportseelsorger DSG Steiermark
Wie denken Sie darüber? Welche Erfahrungen haben Sie persönlich gemacht? Schreiben Sie uns Ihre Meinung!