Kulturwandel im Fußball
Sprechchöre und Fangesänge mit sexistischen, rassistischen, homophoben oder anderwärtig diskriminierenden Parolen zur Verunglimpfung und Verhöhnung des Gegners sowie verbale Gewalt, die nicht immer beim Verbalen stehen bleibt, hat man oft bedauert, sich dafür fremdgeschämt oder sich halbherzig davon distanziert. Aber letztlich hat man sie toleriert, als „part of the game“ hingenommen und als die dunkle Seite der Fankultur gewähren lassen. Der Fußball lebe eben von Emotionen, und die könnten schon mal ins Negative kippen. Emotionen sind nicht immer kontrollierbar.
Das unerwartet harte Durchgreifen der Bundesliga gegen Spieler und Funktionäre des SK Rapid wegen deren unschönen „Entgleisungen“ nach dem jüngsten Wiener Derby – es wurden empfindliche Sperren verhängt – betrachte ich als deutliches Signal dafür, dass sich ein Kulturwandel vollzieht. Das ist sehr begrüßenswert. Und dass ausgerechnet an der „Heiligen Kuh“ Rapid, dem mitgliederstärksten Fußballverein Österreichs, ein Präzedenzfall geschaffen wurde – noch dazu vor dem wichtigen Spiel, das über die Teilnahme an der Meistergruppe entscheidet – zeigt, wie ernst es den Liga-Verantwortlichen ist. Es reicht nicht mehr aus, sich hinterher reumütig zu entschuldigen, sich auf die in Vereinsstatuten festgeschriebenen Werte zu berufen und vor dem Anpfiff ein Anti-Rassismus-Banner in die Kamera zu halten.
Es ist lobenswert, dass die Vereinsführung des SK Rapid als Reaktion darauf einen konkreten Maßnahmenplan präsentiert hat und Präsident Alexander Wrabetz erklärte: „Wir wollen Verantwortung übernehmen und einen Bewusstseinswandel, nicht nur bei Rapid, vorantreiben.“ Man wolle „intensiv an der Veränderung der Sport- und Vereinskultur mitwirken“. Mögen viele Vereine diesem Beispiel folgen.
Unlängst hat sich in Graz eine kleine Gruppe von Personen getroffen, die sich an der Schnittstelle von Fußball und Kirche bewegen. Dabei wurde überlegt, wie sich Seelsorge in einen solchen Prozess des Kulturwandels einbringen könne und ob die Kirche eine Plattform anbieten könne, um über Vereinsgrenzen hinweg zu solchen Themen ins Gespräch zu kommen. Werte müssen auch gelebt werden.
Alfred Jokesch, Sportseelsorger DSG Steiermark
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