Gute und schlechte Verlierer
Damit ist er außerdem der erste „Millennial“ – also in diesem Jahrhundert geborene Fahrer –, der ein Formel-1-Rennen gewonnen hat.
Es hätte also jeden Grund zu ausgelassener Freude gegeben, wäre da nicht ein peinlicher Fehler in der Boxenstopp-Strategie passiert. Durch diesen lag plötzlich Piastris Teamkollege Lando Norris in Führung und wurde per Funk angewiesen, sich hinter seinen Partner zurückfallen zu lassen und ihm den Sieg zu „schenken“. Der Brite zeigte sich hinterher aber als wahrer Gentleman, fairer Sportler und Teamplayer: „Ich habe es nicht verdient, das Rennen zu gewinnen. So einfach ist das. Ich hätte gar nicht in dieser Position sein dürfen.“ Er höre eben auf die Anweisungen des Teams.
So sieht ein guter Verlierer aus. Das erinnert fast an den biblischen Hiob, der demütig sagt: „Der HERR hat gegeben, der HERR hat genommen; gelobt sei der Name des HERRN.“ (Hiob 1,21) Und weiter: „Nehmen wir das Gute an von Gott, sollen wir dann nicht auch das Böse annehmen?“ (Hiob 2,10) Diese Weisheitsfigur aus dem Alten Testament nimmt jede nur denkbare Leiderfahrung mit großer Ergebenheit hin, ohne die Güte Gottes in Zweifel zu ziehen und ohne vom Weg der Rechtschaffenheit abzuweichen. Am Ende kehrt das Glück in das Haus seines Lebens zurück.
Ein ganz anderes Charakterbild offenbarte der erfolgsverwöhnte Weltmeister Max Verstappen, der diesmal chancenlos war und sich mit Rang 5 begnügen musste. Er erwies sich als schlechter Verlierer, ließ am Boxenfunk seinem Zorn freien Lauf und zog über das schwierige Fahrverhalten seines Red-Bull-Boliden, den mangelnden Grip der Reifen sowie die Strategie des Teams derart heftig her, dass sein Renningenieur ihn irgendwann genervt zurechtwies: „Das ist kindisch im Funk.“ An Verstappens Fahrweise konnte man die Wutausbrüche sogar von außen erkennen – sein Auto hüpfte herum wie das Rumpelstilzchen. Helmut Marko nahm seinen Starpiloten in Schutz und gab zu bedenken: „Er hat sich mehr vom Upgrade erwartet.“ Außerdem sei er es nicht mehr so gewohnt, richtig hart kämpfen zu müssen.
Sehr oft freilich sind die schlechten Verlierer diejenigen, die besonders viel gewinnen. Es ist ja der einzige Weg, um sich solche Wutausbrüche zu ersparen. Sie sollten bloß nicht vergessen, dass selbst der beste Fahrer ohne ein gutes Team nicht erfolgreich sein kann und dass zudem sehr viel, was man dafür benötigt, ein unverfügbares Geschenk ist.
Alfred Jokesch, Sportseelsorger DSG Steiermark
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