Die Werte des BVB
Da gab es unlängst diese Meldung: Der Zentralrat der Juden in Deutschland verleiht heuer den Leo-Baeck-Preis an BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke als Anerkennung für dessen Einsatz gegen Antisemitismus.
In der Begründung heißt es: „Watzke setzt sich seit vielen Jahren mit voller Überzeugung für unsere offene Gesellschaft ein. Der Kampf gegen Antisemitismus ist ihm dabei ein Herzensanliegen, das er zu einem elementaren Bestandteil seiner Arbeit gemacht hat. Unter seiner Führung ist der Verein Borussia Dortmund zu einem wichtigen Partner in der Antisemitismusprävention geworden." Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, der bei der Verleihung die Laudatio halten wird, lobt auf der Plattform X Watzkes herausragendes Engagement für die Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft.
Beim jüngsten Heimspiel der Borussia wurde die berühmte „Gelbe Wand“, die Fankurve im Dortmunder Westfalenstadion, zur Protestfläche gegen den eigenen Verein. Auf Transparenten war zu lesen: „Keine Werte? Kein Gewissen?“ – „20 Mio. voll mit Blut“ – „Unsere Werte vom Panzer überrollt“ Mehrere Minuten lang wurde die lautstarke Unterstützung für das eigene Team ausgesetzt. Was war passiert? Der Verein ist eine Sponsoring-Partnerschaft mit „Rheinmetall“ eingegangen, dem größten deutschen Rüstungskonzern, der auch Panzer und Munition in die Ukraine liefert und dessen Aktienkurs sich seit Beginn des Krieges in der Ukraine verfünffacht hat. „Dass sich die Verantwortlichen des BVB … bereiterklärt haben, die Strahlkraft von Borussia Dortmund dafür einzusetzen, das öffentliche Ansehen eines Rüstungskonzerns zu verbessern und dabei die eigenen Werte über Bord zu werfen, lehnen wir entschieden ab“, heißt es in der Erklärung der Fanclubs.
Hans-Joachim Watzke verteidigt die Zusammenarbeit: „Sicherheit und Verteidigung sind elementare Eckpfeiler unserer Demokratie. Deshalb halten wir es für die richtige Entscheidung, uns sehr intensiv damit zu beschäftigen, wie wir diese Eckpfeiler schützen.“ Philipp Köster, Chefredakteur des Fußballmagazins „11Freunde“, wirft in einem Kommentar die Frage auf, wie das Engagement des Vereins für Antisemitismus mit einem Sponsor vereinbar sei, „der die Waffen für Hitlers Vernichtungskrieg lieferte und sich bis heute um eine substanzielle Aufarbeitung seiner Rolle in der Nazizeit herumdrückt“.
Die Rückkehr des Krieges nach Europa polarisiert die Menschen. Auch der Fußball existiert nicht in einer Blase, er wird auf vielfältige Weise davon berührt, ist integraler Teil der Gesellschaft und gefordert, sich zu positionieren. In Dortmund wird diese Debatte gerade geführt, wobei sich zeigt: Es gibt nicht nur Schwarz-Gelb, sondern viele Zwischentöne. Und es wird sich weisen, ob es tatsächlich um ethische, menschliche und gesellschaftliche Werte geht, und nicht bloß um Millionen-Werte auf dem Vereinskonto.
Alfred Jokesch, Sportseelsorger DSG Steiermark
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