Gelassenheit gewinnt
Doch es sollte ganz anders kommen. Wenige Kilometer vor dem Ziel brachen alle vier ein und hatten mit Krämpfen zu kämpfen.
Und plötzlich schlug die große Stunde des Lukas Hollaus. Dabei passierte dem Salzburger Triathleten unterwegs ein schweres Missgeschick. Sein Begleitfahrer stürzte und er schlug einen Salto über den am Boden liegenden Radfahrer: „Ich bin dann aber sofort aufgestanden und weitergelaufen. Ich habe gemerkt, dass ich mir die Zehe angehaut habe und auch einen Schlag gegen die Rippen bekommen habe.“ Trotz dieses Handicaps holte er das Quartett an der Spitze bald ein, überholte die vier, lief am Führungsauto vorbei und überquerte nach 2:17:38 Stunden – fast übersehen vom Veranstalter und vom Publikum – als erster die Ziellinie. Er konnte es selbst kaum glauben.
Wie lässt sich ein so verrückter Rennverlauf erklären? Hollaus sagte hinterher: „Ich wollte einfach mein Rennen laufen.“ Während die Kenianer für den angepeilten Rekord ein vorgegebenes Tempo einhalten mussten, ständig die Uhr des Pace-Cars vor Augen hatten und dem Druck ausgesetzt waren, nur ja nicht nachzulassen, konnte der Salzburger gelassen sein eigenes Tempo wählen und auf die Signale seines Köpers achten, denn der gibt uns erstaunlich genau zu erkennen, wann die Grenze der Belastbarkeit erreicht ist.
Was lernen wir daraus für den Lauf des Lebens? Wir fühlen uns oft getrieben von den Erwartungen anderer Menschen, vom Druck all der Dinge, die wir zu erledigen haben, und strampeln krampfhaft im Hamsterrad, das sich immer schneller dreht. Dabei verlieren wir den Kontakt zu uns selbst, zu unseren inneren Antrieben und Bedürfnissen, und übersehen die Grenzen, die uns der Körper signalisiert. Irgendwann geht uns die Luft aus und wir landen in der Erschöpfung oder Depression, bevor das gesetzte Ziel erreicht ist. Nehmen wir hingegen uns selbst gut wahr und bleiben mit der Stimme Gottes in Kontakt, die aus unserem Innersten zu uns spricht, werden wir die nötige Kraft und den langen Atem haben, um bis zum Ende durchzuhalten und selbst, wenn wir straucheln, aufzustehen und weiter voranzugehen. Nicht umsonst ist der Atem ein Bild für den Heiligen Geist und der pulsierende Herzschlag ein Symbol für die göttliche Lebenskraft, die unseren Körper durchströmt. Wer damit im Einklang ist, wer gelassen und stimmig seinem Weg folgt, braucht sich nicht wundern, wenn er am Ende plötzlich als Erster durchs Ziel läuft.
Alfred Jokesch, Sportseelsorger DSG Steiermark
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