Das elfte Gebot
Der Schaden trifft die ganze Sportart, deren Integrität und Glaubwürdigkeit erschüttert wird.
Das Szenario in solchen Fällen – ob es sich um Doping oder um regelwidrige Manipulation an den Sportgeräten bzw. der Ausrüstung handelt – ist meistens ähnlich. Es gibt ein reumütiges Schuldeingeständnis, das gerade so weit reicht, wie der Regelverstoß nachgewiesen werden konnte, und in einen Rücktritt oder eine Suspendierung mündet. Die einen fordern genauere Kontrollen und härtere Strafen ein, während andere mutmaßen, dass solche unlauteren Machenschaften ohnehin gang und gäbe seien.
So haftet der Empörung doch immer auch der bittere Beigeschmack der Scheinheiligkeit an, dass bei allen Geboten sportlicher Fairness das oberste doch das elfte Gebot sei: Du sollst dich nicht erwischen lassen! Wer ertappt wird, den lässt man gemäß dem berühmten Sündenbockmechanismus als Bauernopfer über die Klinge springen, damit wieder Ruhe einkehrt und der Profizirkus sich wieder seinen primären Aufgaben zuwenden kann, die da sind: Entertainment und Business.
Ich will jedoch nicht den moralischen Zeigefinger erheben, denn im Grunde zeigt sich hier keine andere Verhaltensweise als sie in vielen anderen Bereichen des Lebens ganz selbstverständlich praktiziert wird. Im Sport sind keine besseren und edleren Menschen am Werk als sonst wo. Der Sport ist ein Querschnitt und Spiegelbild der Gesellschaft. Es ist also eher darüber nachzudenken, wie es gelingen kann, dass Ehrlichkeit, Fairness und Gerechtigkeitssinn gesamtgesellschaftlich mehr Anerkennung finden.
Der Sport kann dabei sogar beispielhaft vorangehen, denn er hat zumindest in seinem Grundethos diese Werte fest verankert und ein sprichwörtlicher „Sportsgeist“ zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er Fairness, Aufrichtigkeit und Kameradschaft hochhält. Der Konkurrent soll wohl besiegt werden, aber dazu ist eben nicht jedes Mittel recht. Und Unehrlichkeit oder der Versuch, sich über eigene Schwachpunkte hinweg zu schummeln, rächen sich im Leistungssport meistens sehr schnell. Er ist eine gute Schule für das Leben.
Alfred Jokesch, Sportseelsorger DSG Steiermark
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